Vanlife: „Ich wollte einfach frei sein!”

Vanlife ist für viele der Inbegriff von Freiheit. Hanna Schumacher lebt diesen Traum und ist inzwischen mehr auf Reisen als zuhause in München. Im Interview verrät sie, wie sie ihr Leben umgekrempelt hat, was sie wirklich braucht und was sie manchmal vermisst.

Interview: Sara Hopp / Fotos: Hanna Schumacher

 

Liebe Hanna, wann und warum hast du dich entschieden, dein Leben umzukrempeln?

Hanna Schumacher: Ich wollte mir 2017 eine kleine Auszeit nehmen und verreisen. Geplant waren eigentlich nur drei Monate unbezahlter Urlaub. Es dauerte jedoch nicht lang und ich kündigte meine Festanstellung. Ich war ein Jahr lang unterwegs und habe so tolle Länder wie Vietnam, Philippinen, Indonesien, Australien, Mexiko und Hawaii bereist. Nach meiner Rückkehr wollte ich weiterhin „frei” sein und Europa erkunden – diesmal auf vier Rollen.

Wie bist du auf die Idee mit dem Van gekommen?

Hanna Schumacher: Ich wurde durch Freunde und Bekannte, Social Media und Bücher inspiriert. Ich habe so viele spektakuläre ausgebaute Vans gesehen und mir gedacht: das möchte und kann ich auch.

Wie ist dein Van ausgestattet?

Hanna Schumacher: Angefangen hat alles mit einem kleinen Renault Kangoo, den ich nach der langen Reise von meinem letzten Geld gekauft habe. Ich hatte hinten nur ein Bett mit Stauraum eingebaut und bin mit mit meinem damaligen Freund das erste Mal nach Portugal gefahren. Für Auto und Einbau investierte ich damals etwa 2.600 Euro. Mittlerweile habe ich mich mit einem Ford Transit etwas vergrößert. Da habe ich während der Pandemie ein richtiges Schnäppchen gemacht. Der Van war im Top-Zustand und hat mich 8.000 Euro gekostet. Den Einbau übernahm ein Freund und eine darauf spezialisierte Campingfirma, was nochmal rund 6.000 Euro kostete. Dank Solarpanel für Strom, Wassertank und Gasherd bin ich jetzt völlig autark.

So ein Vanlife geht nur, wenn man sich materiell auf das Wichtigste beschränkt. Was braucht man denn wirklich auf Reisen?

Hanna Schumacher: Nachdem ich lange sehr gut mit nur einem Koffer klargekommen bin, habe ich gemerkt, wie befreiend es ist, wenig zu besitzen. Es sammeln sich zwar immer wieder hübsche Dinge an, die man auf seinen Reisen findet, aber das ist nicht zu vergleichen mit all dem unnötigen Zeug, das man zu Hause hat. Was ich wirklich brauche, sind mein Reisepass, nützliche und schöne Klamotten und Schuhe, ein paar Kosmetikartikel, ein Kindle und meinen Laptop, um remote zu arbeiten. Außerdem ein paar persönliche Dinge und mein Surfboard. Alles andere kann man auch unterwegs besorgen.

Was hat dieses neue Leben mit dir gemacht?

Hanna Schumacher: Ich gehe seitdem viel freier und offener durchs Leben. Ich komme an Orte, die ich sonst nicht so einfach gefunden hätte. Mein Tage gestalten sich jeden Tag neu, ich bin viel mehr in der Natur und ich treffe viele inspirierende Menschen aus aller Welt, von denen ich viel lerne und mitnehmen. 

Vermisst du nicht auch manchmal deine Freund:innen, deine Familie, die Heimat?

Hanna Schumacher: Auf jeden Fall! Doch es kommen mich auch immer sehr viele Freund:innen und meine Mama unterwegs besuchen. Und ich bin jedes Jahr auch immer ein paar Wochen, manchmal auch Monate, in der Heimat.

In welche Länder bist du schon gereist – und darf man überall frei campen?

Hanna Schumacher: Mit dem Van war ich bereits in Frankreich, Spanien, Portugal, Südtirol und Dänemark. Grundsätzlich ist das Campen nur auf ausgewiesenen Stellplätzen gestattet. Das wichtigste ist, seinen Müll wieder mitzunehmen. Da sich über die letzten Jahre immer weniger Camper daran halten, werden die Regeln strenger. Deshalb geht das eine Land vielleicht etwas lockerer mit wildem Camping um als das andere. Doch es kommt auch immer darauf an, wie sehr man auffällt und wie respektvoll man mit seiner Umgebung umgeht.

Wie ist es für dich als Frau, alleine zu reisen?

Hanna Schumacher: Für mich bisher kein Problem. Ich bin mit dem Van jedoch hauptsächlich in Portugal unterwegs und hier fühle ich mich sehr wohl und heimisch. Grundsätzlich gilt es, einfach achtsam zu sein und seinem Bauchgefühl zu folgen.

Gab es schon Situationen, in denen du dich alleine unwohl allein gefühlt hast?

Hanna Schumacher: Tatsächlich gab es eine Situation auf dem Weg von Spanien nach Deutschland. Ich habe bei Dunkelheit auf einem Stellplatz in einem spanischen Dorf bei Salamanca gehalten. Eine Gruppe Jungs war dort, hörte Techno und trank Alkohol. Außer uns war keiner auf dem Parkplatz und, obwohl ich todmüde war, konnte ich nicht einschlafen, weil ich mir sämtliche ungute Szenarien ausgemalt habe. Passiert ist aber nichts und am nächsten Morgen war auch alles wieder gut. Ein ander’ Mal kam ein Angler im Dunkeln mit Taschenlampe auf meinen Van zu. Das war kurz sehr unheimlich, letztlich wollte er aber nur auf das Klo-Häuschen nebenan. Und einmal kam ich spät abends an einen Platz am Meer, den ich schon kannte. Die Straße dorthin ist lang und voller Schlaglöcher. Dort angekommen, stand dieses Mal kein:e einzige:r Camper:in dort, ein Baustellen-Aggregat ratterte und die Wellen knallten gegen das Kliff. Allein im Dunkeln sehr gruselig! Ich fuhr also den ganzen steinigen Weg zurück zur Hauptstraße und habe mir ein anderes Plätzchen gesucht…

Inzwischen nimmst du auch deinen Hund mit. Wie klappt das?

Hanna Schumacher: Da Portugal mittlerweile mein zweites Zuhause geworden ist, habe ich hier letztes Jahr Figo, meinen jetzt dreijährigen Hund, adoptiert. Mit ihm habe ich einen totalen Glücksgriff gemacht, weil er alles so toll mitmacht und er auch bei langen Autofahrten super entspannt ist. Kaum zu glauben, wenn man bedenkt, dass er Autofahren nicht kannte und ihm anfangs oft schlecht wurde. Auch für ihn ist jeder Tag neu und ich habe das Gefühl, dass er die Zeit mit mir an den verschiedensten Orten Europas sehr genießt. Wahrscheinlich färbt die Gelassenheit von Frauchen auch auf den Hund ab. Außerdem ist er mein kleiner Beschützer und eine kuschlige Wärmflasche in kühlen Nächten.

Wie entscheidest du, wohin der nächste Trip geht? Lässt du dich einfach treiben oder planst du alles akribisch?

Hanna Schumacher: Obwohl ich gut planen kann, lasse ich mich auf Reisen definitiv eher treiben. Meistens folge ich ein paar groben Ideen und Zielen, oft ändert sich aber der Weg dahin. Durch Freund:innen, Social Media oder tollen Reisebüchern, erfahre ich immer wieder von neuen Spots, die ich mir dann direkt in mein Google Maps speichere und erkunden will.

Was ist dein Plan für die nächsten Jahre?

Auch hier mache ich eher grobe Pläne für die nächsten Monate. Mein Wunsch ist es, ein kleines Mini-Häuschen mit Garten in Portugal zu finden. So kann ich weiterhin immer ein paar Monate hier und ein paar Monate in meiner Heimat München sein. Ich bin auch gerne auf der ganzen Welt unterwegs und freue mich auf viele weitere Trips mit dem Van, bin aber auch froh über einen festen Ort, von dem ich immer wieder neu aufbrechen kann. Marokko im Winter zum Beispiel...